Baum, Wald und Holz ...

Dreimal drauf geklopft, dass wir die stolzen Stämme noch lange haben! Was erzählen sie uns – sprichwörtlich, regional ... oder auch ganz intim und persönlich?

•  Sprichwörter und Redewendungen: Holz vor die Hütte!

•  Wohlfühlzauber: Mein Freund, der Baum

•  Natur und Umwelt: Lebendige Zäune? Knicks in Schleswig-Holstein

Herzlich willkommen also zu einem kleinen verbalen Waldspaziergang!


Täglich liegen sie uns auf der Zunge: Kluge Redewendungen für alle Lebenslagen. Doch was steckt dahinter?

Holz vor die Hütte!

Wer »den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht«, der gerät ziemlich leicht »auf den Holzweg«! Denn vor lauter Einzelheiten mangelt's erheblich an Überblick, man bemerkt das Offensichtliche nicht mehr – und steuert munter auf eine Lösung zu, mit der man dann nicht weit kommen wird.

Holzwege sind nicht etwa klapprige Brücken, die sich über tiefe Abgründe spannen, sondern tatsächlich ganz solide, breite Pfade im Wald, die schon seit dem Mittelalter durch den Abtransport gefällter Bäume mit Pferdefuhrwerken entstanden sind. Das Dumme an diesen Wegen ist nur, dass sie natürlich genau da enden, wo die letzten Bäume gefällt wurden – also mitten im Wald. Hier müssen Wanderer, die bisher dem einladend breiten Pfad gefolgt sind, um zum nächsten Ort zu gelangen, dann ärgerlicherweise einsehen, dass sie so garantiert nicht zum Ziel gelangen werden, und wieder umkehren. Nicht umsonst also heißen diese Wege in der forstwirtschaftlichen Fachsprache auch »Rückeweg«!

Derb Rustikales ...

Ebenso landwirtschaftlich-konkrete Wurzeln wie der sprichwörtliche Holzweg hat auch das scherzhafte sprachliche Bild, dass Frauen mit eindrucksvoller Oberweite ordentlich »Holz vor der Hütte« haben. Pate standen hier die vor Bauernhäusern oft zu wahrlich gewaltig hohen Stapeln aufgeschichteten Holzscheite, die man im Winter zum Einheizen braucht.

Und wenn wir nun schon bei den sprachlich-holzigen Schlüpfrigkeiten sind: »Splitterfasernackt« stehen wir – in Anlehnung an die Bäume – auch schon seit dem 15. Jahrhundert in so manchen (erotischen oder weniger erotischen) Situationen da: Das Urwort dazu war sehr wahrscheinlich »splinternaket« und leitet sich daher vom »Splint« her, das heißt von der Bastschicht, die zwischen der Rinde und dem Stamm eines Baumes liegt. In der Tat: Erst wenn nicht nur die Rinde, sondern auch noch der Splint fehlen, dann steht ein Baum wirklich »ausgezogen bis aufs Holz« vor uns!

... und feinsinnig Kunstvolles

Deutlich abstrakter ist da der schon in der Antike, etwa bei Ovid, beliebte Aphorismus vom »Wald, den man vor lauter Bäumen nicht sieht«. Zur Zeit der Aufklärung wurde diese Metapher durch verschiedene Schriften des Dichters Christoph Martin Wieland (1733-1813) zu einem geflügelten Wort.

Das sinnbildliche »Schweigen im Walde« machten dann ab Ende des 19. Jahrhunderts gleich mehrere verschiedene Kunstformen nacheinander populär: zunächst das gleichnamige Gemälde von Arnold Böcklin (1827-1901), dann Ludwig Ganghofers ebenfalls gleichnamiger, 1899 veröffentlichter Roman und schließlich der darauf basierende Heimatfilm von Helmut Weiss (1955).

Diese Wendung besagt nicht etwa, dass nun alle Wanderer den Holzweg verlassen haben und klüger sind, sondern sie beschreibt im Gegenteil Momente der verlegenen Unwissenheit – etwa die Reaktion einer ganzen Schulklasse auf eine schwierige Frage des Deutschlehrers ...

Vielen Dank für Ihr Interesse! Bei dem Text, den Sie gerade gelesen haben, handelt es sich um die aktualisierte und ergänzte Online-Version eines im Auftrag der Kieler Werbeagentur WortBildTon GmbH entstanden Artikels, der im April 2014 im mein coop magazin erschienen ist.


Sich Tag für Tag so richtig wohlfühlen ... das gelingt oft mit ganz simplen Tricks, die jedoch durchaus »magische Effekte« erzielen können.

Mein Freund, der Baum!

Jeder Waldspaziergang ist eine Wohltat: In der nur von Vogelgezwitscher unterbrochenen Stille kommen wir auch innerlich zur Ruhe und tanken auf. Vom frischen Maigrün bis zum bunten Herbstlaub inspiriert uns das Blätterkleid der Bäume dazu, vertrauensvoll den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens anzunehmen. Doch bei aller Flexibilität verkörpern Bäume zugleich auch eine enorme Stabilität und Kraft: Fest verwurzelt stehen sie an ihrem Ort, oft viele hundert Jahre lang. Mit unerschütterlichem Stamm und stolz erhobener Krone haben sie schon etliche Menschengenerationen begleitet – und ermutigt.

Gewachsene Geborgenheit ...

Beim Spaziergang im Wald (vor allem im Fichtenwald) des Öfteren innehalten, stehen bleiben und ganz bewusst tief durchatmen – das empfahl schon Pfarrer Kneipp für Menschen mit schwachen Lungen und berufliche Vielredner. Wenn es schon so gut tut, die aufmunternd emporragenden Bäume einfach nur zu betrachten und sich zwischen ihnen zu bewegen – warum dann nicht noch einen Schritt weiter gehen und in direkten Kontakt zu ihnen treten? Die feste, knorrige Rinde berühren, den Stamm wie einen guten Freund in die Arme schließen? Das hat noch eine ganz andere Qualität und Intensität, die sich nur schwer beschreiben, aber sehr gut spüren lässt; als starker Halt, als Schutz, als Geborgenheit und als Nähe zu einem lebendigen, beseelten Wesen. Nicht umsonst wohl glaubte man früher, dass in jedem Baum eine kleine Elfe, seine ganz persönliche Dryade, wohnt ...

Mit aller Ruhe dieser Welt hört ein Baum zu, wenn Sie ihm – in Gedanken oder in die Rinde flüsternd – Ihre Sorgen und Sehnsüchte anvertrauen. Auf seine Verschwiegenheit können Sie sich unbedingt verlassen! Und vielleicht bringt ein Besuch bei Ihrem Baumfreund Sie ja sogar auf die entscheidende Idee zur Problemlösung, die Sie ohne sein wortloses Blätterrascheln nicht gehabt hätten?

Probieren Sie es doch einfach einmal aus! Am besten ganz allein Wald, wo Sie sich völlig unbeobachtet fühlen. Im gut bevölkerten Park könnte die Angst, dass andere Sie für einen »durchgeknallten Esoterik-Spinner« halten, Ihre Konzentration auf den Baum erheblich stören und so die Wirkung der Begegnung schwächen.

In der Öffentlichkeit kann man jedoch ruhig etwas »schummeln« und statt einer kompletten Umarmung die Light-Version wählen, sich also etwa ein gutes Weilchen mit dem Rücken an den Stamm lehnen oder mit dem Arm auf einen Ast stützen.

Spezialisten für alle Lebenslagen

Welchem Baum Sie sich anvertrauen wollen, das entscheiden Sie am besten ganz intuitiv. Zu Bäumen kann man eine ähnliche Seelenverwandtschaft spüren wie zu Menschen. Ein sehr ängstlicher oder nervöser Mensch etwa fühlt sich vielleicht gerade von einer Espe mit dem sprichwörtlich zitternden Laub verstanden – und tankt an ihrer Seite jede Menge Mut und innere Ruhe.

Als Kraftspender Nr.1 gilt allgemein jedoch die Eiche, die in zahlreichen alten Kulturen einstimmig zum Symbol der Macht und Stärke erhoben wurde. Bei den Griechen etwa war dieser Baum dem Götterkönig Zeus höchstpersönlich geweiht. Die keltischen Priester dagegen benannten sich sogar selbst nach diesem stolzen Stamm: »Druide« heißt – sinngemäß übersetzt – nichts anderes als »Eichenkundiger«. Moderne Baumheiltherapeuten empfehlen Eichenkontakte zur Stärkung des Selbstbewusstseins, aber auch zur mentalen und körperlichen Kräftigung bei Erschöpfung, Arbeitsüberlastung oder nach einer Krankheit.

Ähnlich wie Eichen, so stehen auch Linden oft im Zentrum von Dörfern oder auch Städten. Als Mittelpunkt der Gemeinschaft markieren sie den Ort, an dem Feste und Versammlungen stattfinden, früher aber auch Gerichtsverhandlungen. Die Linde symbolisiert Schutz und Harmonie, Frieden und Gerechtigkeit, Ausgleich und Beruhigung. Bei ihr sind also vor allem ruhelose, unkonzentrierte, stressgehetzte, seelisch oder körperlich verspannte und blockierte Menschen gut aufgehoben. Und sogar Liebeskummer soll der bei den Germanen der Göttin Freya zugeordnete Baum lindern können!

Die Birke mit dem silberweißen, schlanken und beweglichen Stamm ist der Lichtbringer unter den Bäumen. Sie strahlt die Kraft des Neubeginns aus, die vor allem nach Enttäuschungen oder bei Depressionen eine Wohltat ist. Wer lethargisch oder verbohrt ist, kann von der Birke mehr Flexibilität und Nachgiebigkeit lernen. Übermäßig nervöse Gemüter dagegen finden bei ihr Ruhe und Entspannung.

Manche Bäume können Sie vielleicht auch direkt im eigenen Garten umarmen? Zum Beispiel den Apfelbaum, der fröhlich macht und das Gefühl der Frische und Jugendlichkeit vermittelt?

So oder so: Schon Menschen, die einfach nur in der Nähe von Bäumen wohnen, sind amerikanischen Studien zur Folge deutlich weniger aggressiv als andere.

Vielen Dank für Ihr Interesse! Bei dem Text, den Sie gerade gelesen haben, handelt es sich um die aktualisierte und ergänzte Online-Version eines erstmals im Magazin »Gesundheit im Norden« erschienenen Artikels (Herbstausgabe 2014, Nr. 21, S.32-33) zum Thema.


Rein regional gesehen, wachsen gerade in meiner nördlichen, fast schon dänischen Heimat dann noch ganz besondere »Holzigkeiten«.

Lebendige Zäune? Knicks in Schleswig-Holstein

Nicht-Nordlichter nennen sie »Wallhecken« – die meist künstlich errichteten, von Gehölzen bewachsenen Erdwälle, die sich auf der Geest und im Hügelland des östlichen Schleswig-Holsteins so charakteristisch durch Felder und Wiesen ziehen. Wenn sie sich alle aneinanderreihen würden, könnten sie einen Grünstreifen von stolzen 45.000 km Länge bilden. Und was können sie noch?

Ein Schutzwall gegen Bissigkeiten

Knicks zieren die norddeutsche Landschaft erst seit dem 18. Jahrhundert. Damals beschloss man nämlich, einmal gründlich aufzuräumen und die zuvor von den Bauern gemeinschaftlich genutzten Acker- und Weideflächen (die sogenannte Allmende) sauber in Zuständigkeitsbereiche zu gliedern. So sollte unter anderem verhindert werden, dass das Vieh des einen Bauern munter die Felder des anderen leerfutterte. 

Also teilte man die Fläche auf und trennte sie dann zwecks Grenzmarkierung durch rund einen Meter hohe und zwei Meter breite, mit Findlingssteinen von den Feldern und Grassoden stabilisierte Erdwälle. Damit auch die fresslustigen Kühe des Nachbarn diese Grenzmarkierung begriffen, wurden auf den Wällen (statt Stacheldraht) dornige Sträucher wie Heckenrosen, Brombeeren, Weißdorn und Schlehe gepflanzt. Doch auch Bäume, meist Eichen, aber auch Eschen, Erlen und Buchen, integrierte man in die grüne Wand – und die sorgten dann so ganz nebenbei auch für Brenn- und Bauholz.

Doch warum heißt so eine Wallhecke bei uns nun »Knick«? Das hängt mit der besonderen Wartung und Pflege der Gehölze zusammen: Um das Gebüsch möglichst dicht und undurchdringlich zu machen, kerben die Bauern die Sträucher unten ein, knicken sie dann um und verflechten die Zweige, aber auch dünne Äste und junge Bäume miteinander. Was sich hier recht brutal anhört, bekommt den Pflanzen gut: Durch regelmäßiges Knicken schlagen sie umso üppiger wieder aus.

Schön statt effektiv

Als die modernen Zeiten natürlichen Stacheldraht und Brennholz entbehrlich machten und die Landwirtschaft nach immer größeren, immer effizienter zu bewirtschaftenden Flächen strebte, waren die guten alten Knicks vielen ein Dorn im Auge. Mecklenburg-Vorpommern etwa wurde zu LPG-Zeiten im Zuge der Flurbereinigung rigoros um seine Knicklandschaft gebracht. In Schleswig-Holstein aber entschied man sich ab 1973 zum Glück dafür, die grünen Hecken zu bewahren. Heute werden sie vom § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes und von § 21 Abs. 1 des Landesnaturschutzgesetzes geschützt.

Ebenso sehens- wie schützenswert sind zum Beispiel die sehr alten, die sogenannten »bunten« oder »reichen« Knicks, die man um Preetz, Plön oder Barnitz (Kreis Stormarn) herum bewundern kann.

Eine bunte Wohngemeinschaft

Die vielfältige Flora der Knicks lädt eine entsprechend vielfältige Fauna ein. Die Zahl der tierischen Knickbewohner wird zurzeit – alles in allem – auf rund 7.000 Arten geschätzt. Die »Wohngemeinschaften«, die einen Knick von einen Kilometer Länge besiedeln, umfassen nicht selten 1.600 -1.800 Arten; begonnen bei den putzigen Haselmäusen, die sich im Erdwall gemütliche Nester einrichten, über die zahlreichen Vögel, die lieber in den höheren Etagen residieren, bis hin zu all den summenden, brummenden (oder auch leiseren) Insekten, die sich vorzugsweise in den sonnigen, trockenen und windgeschützten Lagen »einmieten«.

Der Nektar der Blüten sowie die Blätter, Beeren und Nüsse im Knick sorgen täglich für einen gut gedeckten Tisch. Im Winter kommen da – mit den Seidenschwänzen, Wacholder- und Rotdrosseln – gern auch gefiederte Gäste aus dem hohen Norden zu Besuch. Schleswig-Holsteins Goldammern, Neuntöter und Dorngrasmücken haben die Knicks längst zu ihrem Hauptwohnsitz erklärt. Wählerisch zeigt sich jedoch das Rotkehlchen, das ausschließlich in den »Reddern« nistet – also in den Doppelknicks links und rechts der Wege, nach denen in Norddeutschland auch zahlreiche Menschenstraßen benannt sind.

Vielen Dank für Ihr Interesse! Bei dem Text, den Sie gerade gelesen haben, handelt es sich um die aktualisierte und ergänzte Online-Version eines im Auftrag der Kieler Werbeagentur WortBildTon GmbH entstanden Artikels, der im August 2014 im BlickWinkel Nr. 24, S. 6-7 erschien.

 

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