Schrank und Seele entrümpeln

Warum es so gut tut, sich von überflüssigen Dingen zu trennen – und mit welcher Strategie das am besten gelingt.

p01 DSCN3147webDer Frühjahrsputz ist mehr als nur eine leidige Haushaltspflicht. Er hilft uns auch sehr dabei, innerlich mit sich selbst ins Reine zu kommen und neue Energien freizusetzen.

Kräftig durchlüften und sich einmal durch alle Räume putzen, vom Backofen bis zu den Fensterscheiben, aufräumen, staubsaugen, wischen, schrubben und sich dann am dem schönen Anblick und dem frischen Duft überall erfreuen ... Ja, das tut gut! Doch bevor Sie nun munter Besen und Feudel schwingen, lautet die allerwichtigste Parole:

Ausmisten! Freiräume schaffen!

Warum? Überall dort, wo sich in den eigenen vier Wänden Dinge ansammeln, die man weder liebt noch braucht, da staut sich zugleich auch unsere Lebensenergie, sagen Aufräumexperten wie Karen Kingston (»Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags«) oder Werner Tiki Küstenmacher und Lothar J. Seiwert (»Simplify your life!«). Denn wir fühlen uns von diesen Dingen untergründig eingeengt und reagieren daraufhin blockiert auf neue Möglichkeiten. Der Königsweg zu einem freieren, glücklicheren Leben beginnt also damit, sich von all dem überflüssigen Kram und Krempel zu trennen, mit dem wir unser unmittelbares Umfeld verstopfen.

p03 DSCN3499webDie leisen Quälgeister des Alltags

Was sind das denn für böse Sachen, die so Gemeines mit uns machen? Besonders belastend sind Gegenstände, die negative Gedanken und Gefühle hervorrufen, sobald wir sie ansehen oder anfassen. Dazu gehören zum Beispiel pflichtschuldig aufgestellte dekorative Geburtstagsgeschenke, die weder zu unserem Geschmack noch zu unserer Einrichtung passen, der ewig klemmende Dosenöffner oder die Jeans im Schrank, die schon seit fünf Jahren zu eng ist.

Alles, was nicht mehr richtig funktioniert oder hässlich, zerkratzt und verschmuddelt aussieht, ist Sand in unserem Lebensgetriebe, der uns untergründig, aber stetig zermürbt, weil er der Seele wieder und wieder kleine Verletzungen zufügt.

Halbfertige Strickarbeiten, Rezeptsammlungen, nach denen wir ja doch nie wieder kochen werden ... wo immer wir uns mit etwas umgeben, was wir begonnen, aber nicht zu Ende gebracht haben, sagt eine innere Stimme leise »Versager!« zu uns. Hören Sie das gern?

Auch Überfluss schafft Überdruss. Brauchen Sie wirklich noch 25 ausgewaschene Margarinebecher zum Einfrieren, wenn Sie doch schon die Hälfte Ihrer Tupperdosenbestände dafür kaum benutzen?

p04 DSCN3491webDas war mein Leben ... Und was kommt jetzt?!

Rigoros trennen sollten Sie sich speziell von Gegenständen, die mit schlechten Erinnerungen verknüpft sind.

Doch auch die Stofftier-Freunde aus Kindertagen und andere persönliche Reliquien können tückisch sein. Alte Liebesbriefe und Schulbücher oder die in den 1980ern heiß geliebte Schallplattensammlung, die ich auf dem neuen CD-Player sowieso nicht mehr abspielen kann ... Alles, was uns früher einmal wichtig war, inzwischen aber längst seine emotionale Bedeutung oder Funktion verloren hat, lässt uns an der Vergangenheit kleben, statt in der Gegenwart zu leben und offen für die Zukunft zu sein.

Nur Dinge, die wir hier und jetzt wirklich brauchbar, schön und wichtig finden, geben uns hier und jetzt auch Halt und Geborgenheit. Behalten Sie daher nur das Beste! Wer sich auf einige wenige ausgewählte Erinnerungsstücke beschränkt, kann sich viel bewusster daran erfreuen.

Gute Testfragen, um lähmendes Gerümpel von wertvollem persönlichen Besitz zu unterscheiden, sind zum Beispiel: »Habe ich das in den letzten zwei Jahren jemals benutzt?« Oder: »Würde ich das sofort ersetzen, wenn es mir gestohlen würde?«

p05 DSCN3516 webWie isst man Elefanten? Bissen für Bissen!

»Stimmt«, werden Sie jetzt vielleicht denken, und sich vornehmen: »Nächstes Jahr mache ich einen ganz großen Frühjahrsputz! Dann wird die gesamte Wohnung nebst Keller, Garage und Gartenschuppen ausgemistet!«

Vergessen Sie's! Großentrümplungsprojekte setzen schon als reine Vorstellung so viel Angstschweiß frei, dass sie letztendlich dann niemals angegangen werden.

Die bessere Strategie ist die: Klein anfangen - aber dafür sofort! Räumen Sie zunächst nur eine Stunde lang auf. Knöpfen Sie sich dafür nur ein einzelnes Regalbrett oder eine einzige Schublade vor. Hier wird alles komplett ausgeräumt, der Inhalt gründlich sortiert und nur das Beste davon in das zuvor blitzblank geputzte Fach zurückgelegt. Solche Maßnahmen reichen vollkommen aus, um eine erste entscheidende Schneise in den Rumpelurwald zu schlagen – und Lust auf mehr zu bekommen.

Vorhaben, die nicht an einem einzigen Tag zu bewältigen sind, zerlegt man lieber gleich in kluge kleine Etappen, die in einem überschaubaren Zeitrahmen zu schaffen sind: An den kommenden vier Samstagen wird jeweils drei Stunden lang der Boden aufgeräumt. Und der erste Schritt steht auch schon fest: Erst einmal weg mit allem, was eindeutig auf den Müll gehört!

p06 DSCN3505webKisten und Fristen - Entsorgen mit System

Ein befreiendes Entrümpeln ist leider jedoch mit allerlei Ängsten und Abers verbunden: »Was ich heute wegwerfe – brauche ich übermorgen vielleicht doch noch?« Oder: »Das ist doch noch zu schade für den Müll!«

Mit der Kisten-und-Fristen-Methode (beziehungsweise mit drei bis sieben simplen Pappkartons) sind Sie allen Zweifelsfällen gewachsen.

Hier gibt es zunächst die »Ja!«-Kiste für die Dinge, die Sie eindeutig gut gebrauchen können oder schön finden. Diese lagern darin auch nur so lange, bis die nötigen Putzarbeiten erledigt sind und sie an Ort und Stelle wieder fein säuberlich eingeräumt werden.

Eine zusätzliche »Reparier mich!«-Kiste wird dann gebraucht, wenn Sie beim Sortieren auf nützliche oder geliebte, aber leider kaputt gegangene Sachen treffen. Der Inhalt dieser Kiste sollte dann binnen einer Woche wieder instandgesetzt sein - sonst liegt Ihnen nicht wirklich etwas daran, und die Folgekiste ist gefragt:

In der »Nein!«-Kiste (oder auch gleich im dafür vorgesehenen Müllcontainer) landet alles, was eindeutig Schrott ist und umgehend weggeschmissen werden kann: Irreparabel Kaputtes, nicht mehr aktuelle Kataloge, Zeitungen oder Weihnachtskarten fürs Altpapier, Lebensmittel und Medikamente, deren Verfallsdatum abgelaufen ist ... etc. pp.

p07 DSCN3500webIn der »Gib mich weiter!«-Kiste dagegen versammeln sich Dinge, mit denen man generell eigentlich durchaus noch etwas anfangen kann; nur eben: Sie persönlich nicht mehr. Verschenken, spenden oder verkaufen lautet stattdessen die Parole beim Weitersortieren: Kleidung, die Sie nicht mehr tragen, kommt in die Altkleidersammlung, schickere Modelle können Sie vielleicht auch in einem Second-Hand-Laden in Kommission geben. Mit dem gut erhaltenen Babyspielzeug Ihrer inzwischen pubertierenden Kinder machen Sie Kinderheimen eine Freude. Bücher und Dekorationsgegenstände können Sie auf dem Flohmarkt oder im Internet zum Verkauf anbieten - oder in einer »Zu verschenken!«-Kiste den Kollegen im Büro beziehungsweise Ihren Mitbewohnern im Treppenhaus zur Verfügung stellen.

p08 DSCN3504webDie »Fragezeichen?«-Kiste schließlich ist für die Zweifelsfälle gedacht, bei denen Sie im Moment einfach nicht entscheiden können, ob Sie sie behalten, weitergeben oder wegwerfen wollen. Vielleicht brauchen Sie das ja doch noch dringend?

Das wird mit dieser Kiste getestet. Sie wird verschlossen und für maximal ein Jahr (besser nur für ein halbes) weggestellt. Dann schauen Sie den Bestand noch einmal durch. Von Dingen, die Sie in der Zwischenzeit nicht vermisst haben, können Sie sich nun mit leichterem Herzen trennen.

Sehr wichtig ist es, die geheimnisvolle »?«-Kiste und alle »Gib mich weiter!«-Kisten mit einem definitiven Verfallsdatum zu versehen, wie zum Beispiel: »Gültig bis 20. März 2015.« Was nach Ablauf dieser Frist nicht vermisst, verschenkt oder verkauft wurde, wandert konsequent in den Müll, denn sonst verstopft es Ihre Wohnung – und Ihr Leben! – bis in alle Ewigkeit.

p09 DSCN3229webGemeinsam ans Gerümpel gehen

Wenn man sich im Freundes- oder Familienkreis gegenseitig beim Entrümpeln hilft, fällt das Loslassen oft spürbar leichter.

Da andere Menschen zu Ihren persönlichen Besitztümern nicht denselben emotionalen Draht haben wie Sie selbst, stehen sie Sentimentalitäten wie »Mit dem Topf habe ich doch schon in meiner Studentenbude gekocht« oder ängstlichen Bedenken wie »Ich kann doch nicht die tanzende Porzellanschäferin von Tante Bertha ausmustern! Dann wäre sie tödlich beleidigt!« mit einem hilfreich ungerührten »Na und? Weg damit!« gegenüber. Ehrliche Entrümplungshelfer sagen einem auch klipp und klar, dass man im dann nie wieder getragenen Hawaihemd aus dem Urlaub 2002 wirklich wie ein Kasper aussieht.

Und wer weiß? Vielleicht findet sich bei der Gelegenheit ja gleich auch ein Abnehmer für den einen oder anderen »Gib mich weiter!«-Kandidaten aus Ihrer Sammlung?

2014.03.staubwedel DSCN3142 - webMachen Sie ein Fest daraus!

Was nun den Frühjahrsputz betrifft, so haben Sie mit dem Entrümpeln bereits den entscheidenden (seelischen) Kraftakt hinter sich und den entscheidenden Schritt zu mehr Frische und innerer Freiheit getan.

Nun steht nur noch das Wasser-Schrubber-Scheuerpulver-Programm auf dem Plan. Das ist zwar durchaus mit körperlichen Kraftakten verbunden; doch die können Sie als vergnügtes Fitnessprogramm in den eigenen vier Wänden gestalten:

Wählen Sie einen schönen, sonnigen Frühlingstag dafür und öffnen Sie alle Fenster weit! Wischen und wedeln Sie im Takt Ihrer Lieblingsmusik! Singen Sie mit! Ruhig lautstark! Spielen Sie! Probieren Sie einmal ganz andere Putzmittel und -methoden aus als die, die Sie seit Ewigkeiten nutzen! Zitrusreiniger riechen viel aufmunternder als die Essigkollegen ...

Frau Luna persönlich bietet sich als Entrümplungs- und Putzhilfe an, wenn Sie solche Maßnahmen in der Phase des abnehmenden Mondes angehen.

Oder Sie geben Ihrem Frühjahrsputz dadurch eine magische Note, dass Sie ihn in der Ostecke der Wohnung beginnen und sich dann – unbedingt im Uhrzeigersinn, dem »guten Hexenkeis«! – konsequent durch alle vier Himmelsrichtungen vorarbeiten. Wer mag, kann dem noch einen besonderes »Space Clearing« anschließen, indem er (wieder im Osten-Süden-Westen-Norden-Kreis) in allen Ecken etwas Salzwasser versprengt, das den Raum von alten, abgestandenen Gedanken und Gefühlen reinigt. Ähnlich wirkt auch ein Kreislauf mit reinigendem Räucherwerk.

Und nach all der Müh kommt dann die Belohnung für die Sinne: der endlich von ungelesenen Uralt-Magazinen befreite Wohnzimmertisch wird mit einem frischen, duftenden Frühlingsblumenstrauß geschmückt, und Sie beenden das Reinigungsritual mit sich selbst– in einem extra-luxuriösen Verwöhnbad im blitzblanken häuslichen Badezimmer zum Beispiel; oder vielleicht sogar mit einem Besuch im Wellness-Studio?

Aufgeräumt bleiben!

Schritt für Schritt »Klar Schiff« gemacht also – Freiräume in Ihrer Wohnung schaffen Freiräume für neue Menschen und Möglichkeiten in Ihrem Leben!

Aber bitte nicht gleich fanatisch werden. Übertrieben viel aufräumen und putzen kostet Sie mehr Kraft und Zeit als angemessen und vereinfacht Ihr Leben (im Sinne einer Konzentration auf das Wesentliche) daher in keiner Weise. Klüger ist es, prophylaktisch vorzugehen. Überlegen Sie vor jeder Anschaffung, ob Sie diesen Gegenstand auch wirklich brauchen. Inwiefern werden Sie glücklicher sein, wenn Sie ihn besitzen? Wo genau in Ihrer Wohnung soll er seinen Platz finden?

Wenn Sie auf diese Fragen keine überzeugenden Antworten finden– kaufen Sie's nicht! Sie schaffen sich damit wahrscheinlich nur neuen Ballast an.

Eine weitere Möglichkeit, die räumliche und die seelische Balance der Dinge langfristig zu bewahren ist es, konsequent nach der Devise vorzugehen: »Immer, wenn eine neue Sache ins Haus kommt, muss etwas Altes gehen.«

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!


Vielen Dank für Ihr Interesse.
Die Ausführungen, die Sie gerade gelesen haben, sind sozusagen ein Zusammenschnitt beziehungsweise der »Director's Cut« zweier von mir verfasster Artikel, die im Oktober 2008 im mein coop magazin und im März 2011 in der Gesundheit im Norden erschienen sind.

»Simplify your life! Vereinfache dein Leben!« Unter diesem Motto publiziert der Karikaturist und Autor Werner Tiki Küstenmacher gemeinsam mit seiner Frau Marion, dem Zeitmanagementexperten Prof. Dr. Lothar J. Seiwert und weiteren Experten schon seit 1998 viele gute Tipps, wie wir unseren Alltag vom Ballast befreien und dadurch zum wirklich Wesentlichen vordringen können. Unsere Einstellung zur Zeit und zum Geld, unser Umgang mit unserer Gesundheit oder mit unseren Mitmenschen, unser Selbstbild und sogar unsere spirituellen Vorstellungen - im Prinzip kann demnach alles entrümpelt und vereinfacht werden! Mehr dazu finden Sie auf www.simplify.de.

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